2006-11-04

and the ass saw the angel

nick cave ist dichter, sänger, songwriter, romanautor. während musikalisch in den formationen "the birthday party" und "bad seeds" tätig, schrieb er ende der 80er jahre den roman "and the ass saw the angel". was heißt das nochmal auf deutsch?? unsereiner würde zuerst auf "und der arsch sah den engel" tippen. die originalübersetzung lautet jedoch "und die eselin sah den engel".

dieses buch... es könnte direkt von der hölle ausgespiehen worden sein. schmutzig, abgründig, entsetzlich. und schön, faszinierend, beeindruckend.

marianne, liebste marianne, hat vor zwei jahren eine rezension verfasst. sehr treffend, darum zitiere ich daraus:

"[...]Die harten Fakten des Buches lassen uns erschaudern, die Sprache paralysiert uns. Wie ein Kaninchen vor der Schlange kann ich nur weiter den verschnörkelten Schleifen der verführenden Sprache folgen. Die emotionale, mit Adjektiven jonglierende Schreibweise trägt den Leser auf zarten Händen und unter größter Wonne direkt in die Abgründe der Menschen. Während das Ohr jauchzt, erstarrt das Gehirn ob der Brutalität der Worte. [...]"

Der Inhalt:
Euchrid Eucrow ist das Produkt von mehreren Generationen Inzucht und und Fuselkonsum. Stumm und verkrüppelt, aber von ungewöhnlichem Feingefühl, das er unter einem sympathischen und nicht zu bändigenden Wagemut versteckt, lebt Euchrid in einem abgeschiedenen Tal. Den erschreckenden oder erheiternden Launen und Obsessionen einer monströsen Mutter und eines fast geisteskranken Vaters unterworfen, den Talbewohnern ein Gespött, lernt Euchrid schnell, Zuflucht in dem Sumpfland zu suchen, das an die Stadt angrenzt. Doch auch diese Zuflucht wird ihm verwehrt. "Kein Rock-Star-Buch, sondern ein Versuch in einem fast schon klassischen Genre - der Südstaatenerzählung. Während Caves Hauptperson Euchrid Eucrow, verwachsen und zurückgeblieben, von seinen Mitbürgern gejagt, im Sumpf liegt und langsam seinem Tod entgegensinkt, erzählt er die Geschichte seines Lebens in einer kleinen, von einer obskuren Sekte beherrschten Südtaatenstadt." (Vogue)

Und noch ein kurzer Auszug, Euchrid lebt mittlerweile zurückgezogen im Haus seiner Eltern. Wie sein Vater fängt er Tiere, Eidechsen, Hunde, Wölfe, Spinnen. Brutal hält er sie gefangen, beschreibt ihre Qualen und ihr Ableben.

"Wenn die Viecher könnten, würden wir miteinander reden. In dieser dumpfen Grabesstille, in dieser fauligen, eitrigen, zu Kopf steigenden und empfänglichen Luft werden eine Menge Gedankenwellen herumbewegt. Rattenschwanz und rasselndes Katzenkreischen, Schlangenzischen und Eidechsenwischeln, raspelndes Kaninchenquasseln, Hasensang und Käferklopfen - mundtotes, telepathisches Tiergelärm. Aber die sabbernden Hundegedanken - dumm, streitsüchtig, berauscht, voll übler Ausstrahlungen - Blut, Fleisch, Sex und so weiter. Lahme schielende Berghündinnen, aufgepeitscht zu immerwährender Brunst, bös und gemein werden sie, wenn sie in Kot und Stroh sich wälzen und drängen und decken und lecken und in ihren gedrungenen Kapseln herumkriechen und mit den Zähnen knirschen. [...]. Aber genau so sollten sie sein. So wollte ich es haben. So hatte Gott es eingerichtet. Dieses Rudel lüsterner Hündinnen und Mischlinge - O, sie werden ihre Chance bekommen, das wiedergutzumachen. Wie ich. Auch sie werden ihren Augenblick der Herrlichkeit haben. Und zwar sehr bald, nehme ich an, sehr bald. Lasst die schlafenden Hunde ruhig lügen. Aber glaubt ihnen kein einziges Wort. Ich bin die Wahrheit. Ich bin das Licht. Jeder Hund hat seinen Tag."

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