2006-06-28

in der super kulisse der arena ...

... am montag abend: susi und ich sahen "The Raconteurs", die neue Combo rund um Jack White. Die Stimmung war nicht so toll, wahrscheinlich weil die Musik auch nicht so toll war. Aber es war heiß, gefühlte 55 Grad und 120% Luftfeuchtigkeit.
für bierbrand wars trotzdem lustig, vor allem die heimreise und das kickerl in der zirkusgasse mit unserem neuen wg-mitglied birgit, zudem neue kumpanin von heli.


Fotos folgen noch!

Eine andere Stimme aus dem Standard:

THE RACONTEURS: Opas leuchtende Äuglein

Die Band um den von The White Stripes bekannten Jack White gastierte in der Wiener Arena - seit diesem Abend ist das Wort Bluesrock keine Beleidigung mehr


Wien - Bisher musste man um die Beantwortung der Frage "Wie lange dauert ein Tropensturm?" entweder auf selbst gemachte Fernreiseerfahrungen zurückgreifen, mit den Schultern zucken oder ratlos raten. Besucher des Konzerts der US-amerikanischen Band The Raconteurs haben nun eine relativ exakte Antwort parat: So ein Tropensturm dauert eine gute Stunde - und ist ein Wahnsinn!

Bei mit erhobenem Zeigefinger gemessenen 40 Grad und mit ähnlich exaktem Messinstrument erhobenen hundert Prozent Luftfeuchtigkeit im Saal - also den besten Voraussetzungen für die in jeder Hinsicht heißeste Show des Jahres bisher - stürmten The Raconteurs am Montag über das Publikum der Wiener Arena: der Drummer oftmals im Stehen auf seine Töpfe trommelnd! Die beiden Gitarristen im Grätschensprung und bei der Synchrononanie am Instrument in schönsten Status-Quo-Tradition! Gejaul! Gekreisch! Ekstase! Auf der Bühne und davor!

Aber der Reihe nach. The Raconteurs bestehen aus dem von The White Stripes her bekannten Superstar Jack White und drei seiner Freunde. Namentlich dem auch solo erfolgreichen Gitarristen und Songschreiber Brendan Benson sowie den beiden als The Greenhornes einer eher sehr bescheidenen Karriere nachgehenden Jack "Little Jack" Lawrence am Bass und Patrick Keeler am Schlagzeug.

Live verpflichtete die Band noch einen fünften Mann, der dem eruptiven Rock vom Keyboard aus etwas Eleganz angedeihen ließ, stellenweise so etwas wie Soul verlieh. Diese Band veröffentlichte im Frühjahr ihr ausgezeichnetes Debüt Broken Boy Soldier.

Was sich auf dem Album bereits als geiler, harter Bluesrock unter besonderer Berücksichtigung der Folkmomente von Led Zeppelin offenbarte, wurde im Konzert mit einer selten erlebten Intensität multipliziert, ohne dass ruhigere Stücke oder die ebenfalls vorhandene Melodieseligkeit der Band Schaden nahm.

Vor allem das extrem physische Spiel von White, der hier, auch wenn er noch so herzig das Gegenteil beteuert, natürlich der "Chef" ist, trieb das Gebotene nahe an die Grenze des Irrsinns. Etwa das Titelstück Broken Boy Soldier, ein grimmiger Brocken Blues-Punk, der mit kreischender Slide-Gitarre und ebensolchem Gesang zu einem elektrifizierenden Höhepunkt wurde. Okay, den Hit des Albums, das infizierende Steady As She Goes kann man auch nicht ignorieren - ebenfalls ein Wahnsinn!

Selbst die ruhigeren Stücke wie Yellow Sun, das Benson und White an den akustischen Gitarren gaben, standen den harten, den ausverkauften Saal jubilieren und springen lassenden Songs um nichts nach - meiner Seel! Selbst eine Coverversion von Ron Davies' It Ain't Easy fügte sich hier organisch ins Set.

Große Kinderaugen

Mit Verlaub - ein Blick in die ferne Zukunft: Das war eine jener raren Shows, von der man dereinst seinen Enkelkindern noch mit leuchtenden Kinderaugen erzählen wird. Gleichzeitig manifestiert sich damit einmal mehr die Ausnahmestellung von Jack White: Was dieser Mann angreift, funktioniert.

Nachdem er und seine Ex-Frau Meg White mit den White Stripes - also nur mit Schlagzeug und Gitarre ausgestattet - primitiven Rock nahezu stadienkompatibel gemacht haben, zeigt dieser musikhistorisch firme Künstler nun auch, dass das lange zu Recht mit Häme bedachte Genre Bluesrock ebenfalls etwas zu bieten hat. Wenn man nur weiß, was. Seit der US-Band Sister Double Happiness mit dem Album Uncut aus dem auch schon wieder fernen Jahr 1993, hat das niemand so effektiv, so giftig und überzeugend getan, wie The Raconteurs. Besser können selbst Led Zeppelin in den frühen 70ern nicht gewesen sein.

Nach diesem Tropensturm floh man erschöpft, schweißnass aber enthusiasmiert aus dem Saal - leuchtende Kinderaugen überall. (Karl Fluch/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28. 6. 2006)

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